WCAG 2.2: Die neuen Richtlinien und ihre Bedeutung für Ihre Website
Was ist neu in WCAG 2.2?
Die Web Content Accessibility Guidelines (WCAG) werden vom World Wide Web Consortium (W3C) entwickelt und dienen als internationaler Standard für die Barrierefreiheit im Web. Im September 2023 wurde die Version 2.2 veröffentlicht, die die bestehende Version 2.1 um neun neue Erfolgskriterien erweitert.
Diese neuen Kriterien richten sich insbesondere an die Bedürfnisse von:
- Menschen mit kognitiven Einschränkungen
- Nutzern mobiler Geräte
- Menschen mit Sehbehinderungen
Die wichtigsten neuen Erfolgskriterien
2.4.11 Fokus nicht verdecken (Stufe AA)
Wenn ein Element den Fokus erhält, darf es nicht vollständig durch andere Inhalte verdeckt werden. Dies ist besonders für Keyboard-Nutzer wichtig, die sonst den Fokus verlieren könnten.
2.4.12 Fokus nicht verdecken (erweitert) (Stufe AAA)
Eine strengere Version des vorherigen Kriteriums, bei der keine Teile des fokussierten Elements verdeckt werden dürfen.
2.4.13 Fokus erscheint (Stufe AA)
Wenn ein Benutzer zu einem Element navigiert, muss dieses vollständig sichtbar sein, ohne dass der Benutzer scrollen muss.
3.2.6 Konsistente Hilfe (Stufe A)
Hilfefunktionen wie Kontaktinformationen oder Bedienungshilfen sollten auf allen Webseiten an derselben relativen Position zu finden sein.
3.3.7 Redundante Eingabe (Stufe A)
Benutzer sollten nicht aufgefordert werden, dieselben Informationen mehrfach einzugeben, es sei denn, dies ist unbedingt erforderlich.
3.3.8 Zugängliche Authentifizierung (Stufe AA)
Wenn eine Authentifizierung erforderlich ist, sollte diese ohne kognitive Funktionstest möglich sein, es sei denn, es stehen alternative Methoden zur Verfügung.
Praktische Auswirkungen für Webentwickler
Die Implementierung der neuen WCAG 2.2-Richtlinien erfordert besondere Aufmerksamkeit in den folgenden Bereichen:
- Fokusmanagement: Sicherstellen, dass fokussierte Elemente immer sichtbar sind und nicht von anderen Elementen überdeckt werden.
- Formulargestaltung: Überprüfen, ob redundante Eingaben vermieden werden und ob alternative Authentifizierungsmethoden angeboten werden.
- Konsistente Navigation: Hilfsfunktionen an konsistenten Stellen platzieren.
- Mobile Optimierung: Besonderes Augenmerk auf die Bedienbarkeit auf Touchscreens legen.
Fazit
Die WCAG 2.2 stellt einen wichtigen Schritt zur Verbesserung der digitalen Barrierefreiheit dar. Auch wenn die neuen Kriterien zunächst eine Herausforderung für Entwickler und Content-Ersteller sein mögen, führt ihre Umsetzung zu einer besseren Nutzererfahrung für alle – nicht nur für Menschen mit Behinderungen. Es empfiehlt sich, die neuen Anforderungen frühzeitig zu implementieren, auch wenn sie noch nicht gesetzlich vorgeschrieben sind, da sie voraussichtlich in kommende gesetzliche Regelungen einfließen werden.
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